Ein  Vortragstext

 

Was tun um zu heilen?! Gedanken zu Leben und Sinn“

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Was tun, um zu heilen?! Gedanken zu Leben und Sinn“ – Unter dieser Überschrift hielt ich 2006 und ca. 2008 bisher zweimal einen Vortrag, in unterschiedlichem Rahmen. Beides Mal waren die Zuhörer (ca. 50 und 15) zufrieden und ich erhielt Applaus. 2011 wurde daraus ein Vortrag zum 20jährigen Jubiläum des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Diakonischen Sozialunternehmens „Herzogsägmühle“ in Penzberg.

 

Meine Gedanken schienen anregend zu sein. Die Überschrift begleitet mich weiter und so fasste ich auch 2019 mal wider und nun 2024 noch einmal meine Gedanken zusammen – mittlerweile 66 Jahre, berentet und immer och als Suchttherapeut tätig.

  

Als ich mich entschloss, dass erste Mal diesen Vortrag 2006 als Abschluss der langjährigen Vortragsreihe „Leben und Sinn Lübbecke“ zu halten, hatte ich von der Ankündigung des Vortrags bis zum Vortrag über ein Jahr Vorlaufzeit, ein Jahr an dem ich an meinem Skript arbeitete, überlegte usw. . Ich wollte die Frage „Was tun um zu heilen?“ doch beantworten…!

 

Ich versuche mich dieses Mal dem Thema ein wenig anders zu nähern als die ersten Male. Mich beschäftigt die Frage „Was tun, um zu heilen?“ seit vielen Jahren. Ich würde mich durchaus als – längere Zeit verzweifelt – Suchender bezeichnen, verzweifelt suchend nach Wegen von Heilung. Ich könnte mehr von mir erzählen...das kommt sicher noch. Und dann habe ich auch noch einiges gefunden! Daher auch das Ausrufezeichen. „Was tun, um zu heilen!“ – Mit dem Appell „Tut doch auch!“, „Heilt doch auch!“. „Ich habe da was gefunden, das müsst Ihr unbedingt …“ Bei der Vortragsvorbereitung musste ich mich damals bremsen. Nur nicht missionarisch werden. Das kommt doch gar nicht gut an.

 

Ursprünglich wollte ich diesen Vortrag möglichst „objektiv“ angehen. Vor dem Hintergrund meines bescheidenen Fachwissens z.B. Das Krankheitsmodell der Integrativen Therapie vorstellen ...vielleicht müsste ich der Objektivität halber ja noch andere vorstellen.... , dann hätte ich gerne die Werkzeuge, die ich kenne, gerne erläutert, hätte Wirkweisen dargestellt, von „Erfolgen berichtet“.  Das hätte sehr wissenschaftlich werden müssen. Und ich weiß, andere können das besser. Andererseits nicht von allen „Fachleuten“, die ich als Vortragsredner in vielen Jahren Vortragsorganisation eingeladen habe, war ich grundsätzlich so angetan, wie ich mir das erhofft hatte.

 

Und mir ging es doch darum aufzuzeigen, dass es eine andere Qualität an Heilung gibt, als wie sie landläufig vertreten wird. Heilung, wie die, die ich manchmal durch Einnahme von ein paar homöopathischen Kügelchen erfuhr: 3-4 Kügelchen – Ekzem in zwei Tagen ausgeheilt, 3-4 Kügelchen heftigste Rückenschmerzen vom Verheben in 1-2 Stunden weg, 3-4 Kügelchen manische Psychose mit phasenweisem Jesus Wahn in zwei Tagen vorbei, manchmal dauerte es auch länger Z.B. Heuschnupfen 13 Jahre,..., dann gab es noch das Wunder der Heilung meiner Knieverletzung Orthopäde stellte OP in Aussicht, Homöopathischer Arzt für Ganzheitsmedizin setzte dieses Mal Farbakupunktur ein: 3 - 4 farbige Stoffplättchen – Knie heiß nach 2-3 Stunden Hitze wochenlange Schmerzen vorbei. Oder Schreitherapie im Bonding: in enger Umarmung schrie ich in tiefen Rückenschmerz hinein – Rückenschmerzen weg. Durch Nähe sich gestärkt fühlen, Durch das Aktivieren von Wut, dem Schmerz dahinter auf die Schliche kommen und ihn hinter sich lassen können (zeitweise)– durch Bonding; Familienstellen: Endlich Einsicht bekommen in destruktives Rollenverhalten, destruktive Schicksalsbindungen, sich daraus lösen, mehr in Einklang kommen mit dem eigenen Schicksal (endlich nach soo vielen Jahren), ich könnte weiter erzählen ...

 

Ich habe so viel erlebt. Soll das hier ein Wundervortrag werden?

 

Moment, was habe ich jetzt schon gesagt. Ich habe Methoden genannt – Wirken die immer so? Sind die nicht umstritten? Ist das nicht alles Humbug?

 

Jetzt könnte ich anfangen zu rechtfertigen, zu erklären, so gut ich kann.

 

Oder vielleicht kommen jetzt auch schon die Fragen....

 

Vielleicht an dieser Stelle erst mal eine kleine Geschichte: „Mulla Nasrudin in Istanbul“.

Ich erlaube mir heute nun zunächst an meinen Vortrag „Was tun um zu heilen anzuknüpfen“, diesen erst mal zu halten. Vielleicht weiche ich ein paarmal ab, vielleicht ergänze ich noch in Richtung der Fragestellung von Peter Jessen.

 

42 Jahre lebte ich in der Stadt Lübbecke. Für mich war die Ausarbeitung des Vortragsthemas „Was tun um zu heilen“  Abschied nehmen von Lübbecke, der Stadt in der ich aufgewachsen bin und in der ich seit Jugendzeiten irgendwie immer engagiert war. Im Kindergottesdiensthelferkreis, in der Jugendzentrumsinitiative, bei der Telefonseelsorge, dem Arbeitskreis Kristallnacht, in dessen Konsequenz auf meine Anregung hin Jahre später u.a. ein Platz der Synagoge als solcher benannt wurde, den Deutschen Jungdemokraten (ehem. FDP Jugendorganisation), der Friedensinitiative, zwei Bürgerhausvereinen, ein bisschen FDP, dann SPD, nebenamtlicher Kreisjugendpfleger für Lübbecke, ein bisschen Clown und Feuerspucker SPUCATO, Nikolaus mal im Altenheim, in Grundschule und zwei Mal für alle Kinder der Stadt und dann: 13 Jahre Organisation von Veranstaltungen „Leben und Sinn“, 12 Jahre unter diesem Titel. ...Veranstaltungen mit Referenten mit und ohne Namen, vom Zen-Priester, über Ärzte und Chefärzte, Bestsellerautoren, verschiedenen Therapeuten, einer international anerkannten Bildhauerin, dem ehemaligen Superintendenten und Vizepräses der evangelischen Kirche bis hin zum Märchenerzähler. Und ein paar Mal auch mit mir im Programm, zunächst mit einer Musikerin am Klavier, „Geschichten, die heilen oder Absurd sagte die Eintagsfliege, als sie das Wort Woche hörte“, dann „Wenn's doch nur so einfach wär'...“ noch einmal Geschichten, schließlich „Das Leben ist nicht so, es ist ganz anders“, eigene Lieder und Geschichten und ein biografischer Vortrag „Gesundwerden ist möglich“. Mit einem folgenden Presseartikel, mit dem ich alles andere als glücklich war.

 

Warum, wozu das alles? Und warum führe ich das hier alles auf?

 

Vielleicht komme ich im weiteren Verlauf der Antwort näher.

 

Als ich mich Ende 2005 dazu entschloss, nun einen Punkt unter die Reihe „Leben und Sinn“ zu setzen, verspürte ich den Wunsch, mich selbst noch einmal zu Wort zu melden, selbst noch einmal die Frage zu bewegen und schließlich auszuarbeiten, die mich so viele Jahre bewegt hat und zu teilweise verzweifeltem Suchen getrieben hat:

 

Was tun, um zu heilen?!  Und das Ausrufezeichen angefügt, denn wie sehr sehnte ich mich auch andere mit auf die Reise der Heilung mitzunehmen, auf der ich mich oft genug einsam und unverstanden fühlte.

 

Und natürlich waren es für mich auch „Gedanken zu Leben und Sinn“.

 

Insgesamt war der Titel doppeldeutig, wie ich es liebe und vielleicht schon mit der - mit der? Antwort – mit  meiner Antwort in der Frage. Ein Jahr lang beschäftigte mich fast schon kontemplativ diese Frage/dieses Thema und was ich den Zuhörern an meinem Abschiedsabend mitteilen wollte.

 

Ich möchte auch hier beginnen, indem ich ein bisschen zirkulär frage. Eine Gesprächstechnik aus der systemischen Therapie. Soweit schon eine erste Antwort, ein erster Tipp was ich für heilsam halte. Aber erleben Sie und Ihr selbst. (Ich bleibe jetzt einmal beim „Sie“.)

 

Stellen Sie sich vor, Sie gehen zu einem Vortrag zum Thema „Was tun, um zu heilen?!“

 

Was denken Sie, denkt Ihr Nachbar/Arbeitskollege über Sie?

 

Was denken Sie, denkt Ihre Mutter/Ihr Vater über Sie, vorausgesetzt, sie leben noch, bzw. Sie könnten sich vorstellen, Sie blickten aus dem Himmel, oder von wo immer Sie sie vermuten, sie blickten also von irgendwo noch einmal auf Sie herab, jetzt hierher, auf diesen Ort, hier, wo sie gerade den Vortrag hören – diesen Text lesen zum Thema „Was tun um zu heilen?!“

 

Was denken Sie, was denken die anderen, dass Sie so ein Thema interessiert?“

 

Könnte es sein, dass jemand glaubt, Sie wären vielleicht krank? Sie hätten ein Problem?

 

Was denken Sie darüber, dass jemand, der Ihnen nahesteht, vielleicht denkt, sie wären krank, oder bleiben wir mal milder dabei, Sie hätten ein Problem, oder Probleme.

 

Haben Sie Probleme?? Sind Sie gar krank?

 

Oder sind sie einfach allgemein an Gesundheitsfragen interessiert, aber doch nicht spirituell, esoterisch, oder irgend so ein Klimbim?? Ist das für die Menschen, die Ihnen nahe sind eher positiv oder eher negativ, dass Sie in so einen Vortrag gehen? Hat es für sie eine Bedeutung? Was werden Sie Ihrer Meinung nach antworten, wenn Sie Ihnen vielleicht in den nächsten Tagen erzählen, wenn Sie Ihnen erzählen, Sie wären in einem Vortrag unter dem Titel gewesen „Was tun, um zu heilen“.

 

Und was macht das für einen Unterschied, macht es einen Unterschied?

 

Ob Sie heute hier sitzen, oder im Kino, vor dem Fernseher, im Fitnessstudio oder im Sportverein sind oder einfach mit Bekannten gesellig unterwegs sind.

 

Vielleicht werden Sie ja dadurch besonders positiv gesehen, weil Sie mit dem Besuch hier zeigen, dass Sie ein aufgeschlossener, an Gesundheitsfragen interessierter Mensch sind.

 

Oder wirkt ein solcher Besuch hier eher ungewöhnlich, komisch oder gar verrückt? Wegen solch einer Frage „Was tun um zu heilen“ geht man doch zum Arzt, zum Pfarrer bei Sinnfragen, zum.... aber hierher?..... zu einem Jürgen Behring, hat der dazu überhaupt etwas zu sagen...????

 

Und nun stellen sie sich vor, Sie hören hier nicht nur einen unterhaltsamen und informativen Vortrag, sondern es geschähe ein Wunder und Sie bekämen heute

 

d e n  T i p (wie der Familientherapeut und Bestsellerautor Jan-Uwe Rogge es in einem Vortrag so schön formulierte).  Sie bekämen  d i e Antwort, auf Ihre Frage „was tun um zu heilen?“.

 

Was hätte das für Konsequenzen?

 

Was würde Ihr(e) Partner(in) dazu sagen, dass sie ab morgen in ihrem Leben etwas ganz anders machen als zuvor. Sie verhielten sich womöglich ab morgen so als wären Sie auf einmal gesund, geheilt??? Und ist das, wie Sie sich gesund fühlten, auch gesund aus der Sicht Ihrer Liebsten, Nächsten und Nachbarn, Arbeitskollegen????

 

Und wenn Sie sagen, dass das, was jetzt zu Ihrer Veränderung geführt hätte, dass Sie das tun, weil sie es hier heute Abend von einem gewissen Jürgen Behring gehört haben. Wäre das vielleicht etwas befremdlich?

 

Vielleicht kommt es ja noch etwas auf die Art des TIPS an. Vielleicht empfehle ich Ihnen ja ein gewisses Vitaminpräparat und reihe mich ein in die Reihe der Wundermittelempfehler. Natürlich wird Ihnen irgendein Vitamin oder sonst etwas fehlen.

 

Oder stellen Sie sich vor, nach diesem Abend würden Sie wissen, was Ihnen fehlt. Und sie wüssten auch noch wie sie das bekommen, was Ihnen fehlt. O Gott o Gott, was für eine Veränderung.

 

Und was würde Ihr Arzt/Ihre Ärztin sagen, sagen dass Sie nun etwas ganz anders machen, weil Sie fest davon überzeugt sind, das hilft jetzt für oder gegen das, wo er oder sie bisher vergeblich etwas versucht hat, oder zumindest ein ganz anderes Rezept hatte.

 

Na ja Vitaminpille, geht vielleicht noch, dafür gibt es mittlerweile ja viel Akzeptanz, man denke an Q 10,habe ich auch schon in der Hautcreme gehabt.

 

Aber ich könnte Ihnen ja auch eine absolut einfache Yoga-Stellung zeigen, die garantiert gesund und glücklich machen würde und sie würden die nun 3-mal am Tag machen, hielten Sie das durch, möglicherweise Kopfschütteln in Ihrer Umgebung über Ihre neue Yoga - Praxis? Und womöglich würden Sie dabei noch laut sein oder es sonst wie in der Öffentlichkeit tun....

 

Und wenn das, was ich empfehle, auch noch Geld kosten würde, und – immer vorausgesetzt, ich hätte sie überzeugt und sie würden es umsetzen und ordentlich Geld ausgeben und/oder Zeit aufwenden oder ... wie wäre die Reaktion, könnte jemand auf die Idee kommen, Sie seien etwas komisch, vielleicht gar verrückt?

 

Wie wäre die Resonanz und wie würden Sie damit umgehen???

 

Eine meiner Erfahrungen ist z.B.,  dass Umarmungen sehr heilsam sind. Wir Menschen haben ein Grundbedürfnis nach körperlicher Nähe – das ist bestimmt auch wissenschaftlich nachgewiesen... ich denke da z.B. an das Menschenexperiment eines preußischen Königs. Der hatte einem Säugling menschliche Nähe und Ansprache verwehrt, ihn aber gut mit Nahrung, Anziehen usw. versorgen lassen. Der Säugling ist verstorben. Die berühmte amerikanische Familientherapeutin Virginia Satir zumindest wurde einmal mit dem Satz zitiert „Four Hugs a day keeps the doctor away“.

 

Wie würde Ihre Umgebung darauf reagieren, dass sie jetzt unverblümt auf die Menschen zugehen und sie umarmen, womöglich auf der Arbeit und das als Mann..... oder als Frau........vielleicht sagen Sie auch noch „ich brauche das .... oder ich weiß, dass es D i r gut tut.“

 

Ich habe die heilsame Erfahrung der Nähe in der Bonding Psychotherapie kennen gelernt, die zur Erlebnisaktivierung ganz wesentlich mit Übungen mit menschlicher Nähe und dem körperlich vollen Ausdruck von Emotionen arbeitet.

 

Unvergessen ist mir ein teilnehmender Stationsarzt, der zum zweiten Mal zu einem Workshop kam. Er berichtete, seine Krankenschwestern hätten ganz begeistert reagiert, als er nach dem ersten Bonding Seminar begonnen hätte, sie zur Begrüßung erst einmal zu umarmen.

 

Nun ich bin kein Arzt, könnten Sie sich vorstellen, das einmal am Arbeitsplatz umzusetzen??? Vielleicht gibt es Unterschiede....

 

Warum lade ich Sie zunächst ein, über solche Fragen nachzudenken? Aus mehreren Gründen.

 

Bedenken Sie gut, wenn Sie sich mit der Frage beschäftigen sollten, ob sie wirklich heilen wollen. Ich kann (nicht nur) ein Lied davon singen.

  

Bevor ich mich gemeinsam mit Ihnen herantaste, vielleicht den ein oder anderen (weiteren) TIP aus meiner Erfahrung zu sagen, möchte ich Sie warnen.

 

Heilung heißt Veränderung. Bereit werden zu heilen, ich denke das ist logisch, heißt, das etwas anders werden soll, als es ist.

 

Es heißt nicht nur über Krankheit zu klagen und zu jammern. Obwohl vielleicht ist dieses Hinspüren und Klagen ja Meditation.

 

„Krankheit ist die meistverbreitete Form der Meditation in Westeuropa“ brachte Dr. Peter Jessen einmal pointiert auf den Punkt.

 

Obwohl, vielleicht ist das ja Ihr Weg, mein Weg, Schicksal.

 

Aber jetzt möchte Sie zunächst zu einer kleinen Erfahrung einladen und bitte Sie, einmal aufzustehen.

 

(Wippen)

 

Stellen Sie sich bitte einmal auf ein Bein.  - Und dann machen Sie mit dem anderen Bein gaaanz langsam einen kleinen Schritt. - Und versuchen Sie einmal den Moment zu spüren, wenn Sie von einem Bein auf das andere wechseln.

 

Spüren Sie das Ungleichgewicht, die Unsicherheit?? 

 

Sie kommen nicht ohne dieses Ungleichgewicht aus, wenn Sie einen Schritt machen.

 

Und sie müssen dann über diesen Zustand des Ungleichgewichts, der Unsicherheit  gehen, wollen sie vorankommen. Sie praktizieren es ja jeden Tag beim Gehen.

  

Danke... (Setzen)

 

Diese Unsicherheit, dieses Loslassen von etwas altem, dem alten Standpunkt gehört meines Erachtens ganz wesentlich zum Heil werden dazu.

 

Sie müssen erst einmal wahrnehmen, erkennen und eingestehen,

  

dass sie weitergehen können, wollen und/oder müssen,

 

und so auch, ...

 

um zum Heilen zurückzukehren,

  

dass es da etwas gibt was verändert werden soll, was sie verändern möchten,

 

was heilungswürdig ist,

 

womöglich, dass Sie krank sind.

 

Und das ohne Garantie, das am nächsten Punkt alles heil ist – oder sehe ich heil aus? Gucken Sie mal auf meinen dicken Bauch.

 

Welche Reaktion bekommen Sie auf diese Einsicht, „Ach Du armer...“, oder „Ach Du hast ein schweres Schicksal, Pech oder....“ oder einfach „Du bist schwach“. Und wie geht es Ihnen damit.

  

Für manche ist Krankheit ja eine wichtige Art und Weise Zuspruch und Zuwendung zu erhalten. Ist das nicht gerade wohltuend??

 

Für uns Männer ist vermutliches krank sein schwerer zu ertragen. Männer gehen bis zum 74. Lebensjahr deutlich weniger zum Arzt als Frauen. Dafür haben Sie dann hinterher den Salat der chronischen Krankheiten, wie man an dem überproportional hohen Männeranteil in den Rehakliniken für chronische Krankheiten sehen kann. Vielleicht sterben wir Männer ja auch deshalb früher. – Aber die Frauen holen ja auf. Auch mein Vater konnte nur durch hinterlistige Art und Weise zur Untersuchung seines Blutzuckers von meiner Mutter getrickst werden und bedurfte dann dringender Diabetesbehandlung.

 

Dieser Tatsache – krank zu sein - müssen Sie (Zuhörer) sich erst einmal stellen/ aussetzen. Und zwar anders, als wenn Sie nur darüber klagen und meditieren oder Ihren gelben Schein haben wollen.

 

Es ist ein sich aussetzen, ein gefühlsmäßiges sich Stellen, der Einsicht gegenüber krank, verletzt, verwundet zu sein. Dies drückt letztlich auch der erste Teil des ersten Schrittes des zwölf Schritte Programms der Anonymen Selbsthilfegruppen, der Anonymen Alkoholiker, EA, CODA usw. .aus:

 

Ich habe zugegeben, dass ich dem Alkohol, meinen Gefühlen, dem Essen, der Spielsucht usw. gegenüber machtlos war.“ Naja, hinzu kommt noch: und mein Leben nicht mehr meistern konnte.

 

1.Schritt EA: 

Ich habe zugegeben, dass ich meinen Gefühlen gegenüber machtlos war und mein Leben nicht mehr meistern konnte“

 

Nicht ohne Grund wird dieser Schritt als Kapitulation bezeichnet. Eine Kapitulation, die Voraussetzung ist für den weiteren Heilungsweg. In der Suchttherapie geht es ganz selbstverständlich immer wieder um diese Kapitulation. Kognitive und emotionale Akzeptanz der Abhängigkeit heißt es so schön in meinen Berichten für die Rentenversicherung. Nur damit erscheint Aussicht auf Erfolg einer Entwöhnungsbehandlung, wenn ein genügendes Maß von dieser Akzeptanz erreicht wird. Deshalb wird Suchtkranken wie selbstverständlich empfohlen, regelmäßig in eine Selbsthilfegruppe zu gehen und genau deshalb bin ich damals, 1989 regelmäßig in die EA-Gruppen gefahren, um das nicht zu vergessen.

 

Walther Lechler, der dieses 12 Schritte-Programm in Deutschland ganz wesentlich mit populär gemacht hat,  sagte einmal sinngemäß: „Gesund ist, wer noch krank werden kann.“ Und damit meint er, dass gerade damit Genesung beginnen kann.

 

Von Martin Luther habe ich einmal folgendes Zitat gehört oder gelesen:

 

Das Leben ist kein gesund sein, sondern gesund werden, es ist auch kein fromm sein, sondern ein fromm werden, es ist überhaupt kein Wesen, sondern ein Werden“

 

Und das ist letztlich auch meine Erfahrung, dass es dieses Werden, gesund werden und fromm/spirituell werden gibt.

 

Vor diesem Hintergrund halte ich diesen Vortrag, formuliere ich hier, so gut ich kann. Vor diesem Hintergrund habe ich einst begonnen im Rahmen des Bürgerhausvereins in meiner Heimatstadt Lübbecke Vorträge zu organisieren, die sich mit diesem Werden beschäftigen, die Reihe „Leben und Sinn“. Es wurden schließlich 99 Veranstaltungen in Lübbecke und Detmold.

  

Der  israelisch-amerikanische Medizinsoziologe Aaron Antonovsky (1923-1994) entwickelte in den 1970er Jahren als Gegenbegriff zur Pathogenese den Begriff der Salutogenese. Gesundheit und Krankheit sind für ihn Endpunkte eines Gesundheits-Krankheits-Kontinuums. Jeder kann zu einem beliebigen Zeitpunkt auf dem Kontinuum lokalisiert werden und ist damit nicht entweder gesund oder krank, sondern mehr oder weniger gesund und krank. Vor diesem Hintergrund nennen sich die Krankenkassen heute auch gerne Gesundheitskassen.

 

Letztlich ist die Reihe “Leben und Sinn“ ein Versuch gewesen, mit meiner Erfahrung von Werden auf diesem Kontinuum nicht so alleine zu sein, etwas weiterzugeben, was ich erfahren, bekommen habe und auch letztlich einen Teil der Wut konstruktiv zu kanalisieren, die aus meiner Ohnmacht erwuchs, das was ich bis zum Jahr 1987 in meinem Leben und in Studium, Politik, Kirche und bei meinen Hausärzten erfahren habe, eine andere Wirklichkeit war, als die, die sich mir nun eröffnet hatte.

 

In den vielen Jahren meines Suchens und Findens, meines Werdens habe ich in der Zwischenzeit viele Menschen getroffen und kennen gelernt, denen diese Erfahrung auch nicht fremd ist. Das tut gut.

 

Mit dieser neuen Wirklichkeit umzugehen, war für mich anfangs nicht einfach, vor allem, als sie in Form einer Psychose im November 1987 über mich hereinbrach – „War es eine Psychose?“

  

Natürlich hatte sie alle Anzeichen einer Manie, sowie einer Cannabis-Psychose. Aber abgesehen von meiner heutigen Einschätzung einer notwendigen Erstverschlimmerung im Rahmen eines längerfristigen Heilungsprozesses musste ich manches Mal an ein von Fritz Simon geschildertes Experiment denken:

 

Der Psychiater und sein Patient ....

 

(aus: Meine Psychose mein Fahrrad und ich)

  

In dem Experiment mit zwei Versuchspersonen, die bereit sind, die Rolle eines Psychiaters oder psychiatrischen Patienten zu übernehmen, entscheidet der Zufall, wer von beiden welche Rolle zu übernehmen hat (fast wie im richtigen Leben). Wie bei anderen Glücksspielen zieht jeder der beiden eine Karte; sie ist entweder mit A oder mit B gekennzeichnet. Auf ihrer Rückseite findet jeder Spieler Informationen darüber, wer er ist und was er zu tun hat.

 

Mündlich wird beiden die folgende Aussage gegeben


“Lesen Sie bitte in Ruhe, welche Rolle Sie spielen sollen und was Ihre Aufgabe ist! Sprechen Sie bitte nicht über das, was sie auf der Karte lesen, und kommentieren Sie es nicht! Das wäre ein Ausstieg aus dem Spiel.“

 

Auf Karte A steht folgender Text:

 

Sie sind Psychiater und werden zu einem Patienten gerufen, von dem Sie wissen, dass er verrückt ist. Eines seiner Symptome ist, dass er sich für einen Psychiater hält. Bitte überzeugen Sie ihn, sich freiwillig in stationäre Behandlung zu begeben.“

 

Im Gegensatz dazu steht auf Karte B:

 

Sie sind Psychiater und werden zu einem Patienten gerufen, von dem Sie wissen, dass er verrückt ist. Eines seiner Symptome ist, dass er sich für einen Psychiater hält. Bitte überzeugen Sie ihn, sich freiwillig in stationäre Behandlung zu begeben.“

  

(Eines der Erkenntnisse des Experimentes ist „Psychiater kann hier auf Dauer nur spielen, wer die Genehmigung des Patienten dazu hat)

 

Ich hatte damals zu viel auf einmal erlebt, bekam Unruhezustände und angesichts der Reaktion meiner Umwelt versuchte ich letztlich zu beweisen, dass ich nicht verrückt bin – und wurde dann natürlich wahnsinnig. Aber dank drei oder vier homöopathischen Kügelchen war dieser Wahnsinn binnen kurzer Zeit vorbei. Nur die Verarbeitung all des Erlebten überstieg meine Kräfte und führte mich in eine heftige Depression, mit der ich dann meinen 30ten Geburtstag in der Psychiatrie des Lübbecker Krankenhauses verbrachte. Ich erlaubte also neben meinem ambulanten Psychotherapeuten, der zufälligerweise Psychiater war, die ich zunächst für besonders kompetent hielt, auch auf dringende Empfehlung meiner Hausärztin und.... innerer Verzweiflung , ich erlaubte der Psychiatrie, mich zum Patienten zu machen. Ich sah nüchtern betrachtet schließlich auch gewisse Vorteile...

 

z.B. um das Thema von Peter Jessen anzuknüpfen: durch den Patientenstatus war ich auch nach außen berechtigt mich um Gesundung zu kümmern, abgesehen mal von Krankschreibung.... Ich brauchte, die „Krankheit“ um zu heilen.

 

Das war schließlich eine heftige Zeit, auch als ich 1989 nach meinem Entschluss, mich weiter aufdeckenden Prozessen zu stellen, noch einmal in eine spirituelle Krise – oder auch Psychose – kam.  

 

Ich erzähle über diese Episoden hier nur kurz, weil sie vielleicht verständlich machen, woher ich meine Motivation nahm, über dreizehn Jahre die Reihe „Leben und Sinn“ zu organisieren. Ich bin durch große Ungewissheit und Schmerz, Verzweiflung gegangen, Krankheit, sollte eigentlich mich bescheiden mit der Langzeitpsychopharmakabehandlung abfinden, zusätzlich zur Cortisonbehandlung wegen Heuschnupfen, das „Vertrauen Sie mir doch“  meiner damaligen Lübbecker Hausärztin klingt mir noch im Ohr. Und ich habe mich schließlich anders entschieden, habe mich unsicheren Prozessen mit Erstverschlimmerungen ausgesetzt und ... ich bin genesen – wie weit bleibt natürlich noch eine Frage.

 

Und

 

Ich hatte meine Studienerfahrung aus der Psychiatrie, und habe Menschen gekannt, die auf das herkömmliche Behandlungssystem angewiesen waren

 

Und ich habe Menschen, die mir lieb waren und sind

 

Leiden, krank bleiben und kränker werden und auch sterben sehen.

 

Ich wollte zumindest meinen Teil dafür tun, dass es Platz gibt für eine andere Wirklichkeit, „Gesund werden ist möglich“. Dieses „Gesund werden“ wurde zu einem wesentlichen Teil meiner Identität und macht mich bis heute ganz wesentlich aus.

 

Ich erinnere mich, als ich beschäftigt war als Verkaufsfahrer in einem Tante-Emma-Laden auf Rädern, was wünschte man sich zu Weihnachten und zum neuen Jahr? „Hauptsache gesund bleiben....“. Sollte ich jedes Mal meine Erfahrungen schildern ...?? Sollte ich sagen, hätten Sie, täten Sie doch...? Das habe ich natürlich nicht getan.

 

Wie soll man das aber tun. Für eine andere Wirklichkeit eintreten, als die, wie sie  weitgehend verbreitet erscheint. Ich habe versucht meine Wahrheit zu leben. Und ich habe immer wieder bei Veranstaltungen, so wie hier, von mir erzählt oder auch geschrieben. „Das Leben ist nicht so, es ist ganz anders“ hieß mal ein Geschichtenabend von mir.  Früher war ich auch ein paar Mal für Emotions Anonymous oder den Verein Psychiatrie Erfahrene Bielefeld unterwegs. Ich weiß –  heute mehr als früher – dass ich niemanden retten kann, dass jeder seine Eigenverantwortung hat – und sicher auch jedem sein Schicksal zuzumuten ist.

  

Ein bisschen bin ich auch hart geworden über die Jahre. Und doch war immer Wunsch von mir, mein Glück“, meinen „Segen“ zu teilen, weiter zu geben und nicht nur meine eigene Befriedigung zu leben. Aber ist das „nur“ edel? Gut? Ganz frei?

 

Beispielsweise ist die Tatsache das ich Vorträge organisierte, familiensystemisch nicht ganz verwunderlich. Meine Mutter, deren leiblicher Vater jüdischer Kaufmann war, hat ihr Überleben ganz wesentlich ihrem Onkel zu verdanken. Der war „Reichsredner, soll gar Hauptbereichsleiter im Propagandaministerium von Joseph Goebbels gewesen sein und auch Reden für Goebbels und Hitler geschrieben haben. Und ich? Ich organisierte Vorträge, bescheiden, aber auch in der Hoffnung, es für eine gute Sache zu tun. Ist/War es für eine gute Sache? Nach Ansicht der Familienberatungsstelle Detmold z.B. unterstützte ich auch etwas ganz Gefährliches: Vorträge mit Jirina Prekop. Sie kündigten nach dem Vortrag mit Jirina Prekop die Geschäftsbeziehung mit der mit mir kooperierenden Buchhandlung. Die scheinen zu wissen, was gut und richtig ist. 

 

Aber was will ich mit dem Hinweis auf meinen Nazi-Großonkel und meinen jüdischen Großvater sagen: Wir sind in familiären Bindungen, wir sind nicht so frei, wie wir manchmal glauben, es zu sein, wir sind in familiäre Bindungen und Schicksal eingebunden und vielleicht,  ...    vielleicht gelingt es uns, uns daraus zu lösen. Nach meiner Erfahrung zunächst durch Zustimmung.

 

Wir alle sind frei innerhalb von Grenzen. Und wir können uns zusätzliche Freiheit dadurch verschaffen, dass wir uns diese bewusst machen.                                                       (Pierre Bourdieu)

 

Manches Mal wurde mir Missionierung vorgehalten oder kritisch angemerkt. Natürlich ist es das auch ein Stück. Oder dass ich zu viel von mir persönlich offenbare. In der Tat, war es mir schließlich in 2001 äußerst peinlich, wie der junge Reporter der NW, ein ehemaliger Arbeitskollege vom Paketdienst, aus meiner Sicht eine Schmalzgechichte über meinen Vortrag „Gesund werden ist möglich“ unter dem Titel „Schonungslos offen“ schrieb - mit dem verhängnisvollen Satz, das Verhältnis zu seinen Eltern sei schuld gewesen....“ . Wie habe ich mich geschämt, war wütend, wollte nie wieder... Natürlich waren meine Eltern nicht schuld, und wenn schuld, dann so schuldig wie alle Eltern ihren Kindern gegenüber schuldig werden und ihnen etwas schuldig sind – vor dieser Schuld habe ich mich ja aus Feigheit bisher erfolgreich gedrückt – ich habe leider keine Kinder.

  

Und auf Nachfragen, wie fanden andere den Abend, fanden es einige nicht peinlich, den Artikel nicht, auch nicht den Abend. Nun ich habe bis heute weiter gemacht und teile mit Ihnen heute noch einmal Gedanken meines Weges...

 

Eine Wurzel meiner Art, mit meinem Heilungsprozess umzugehen, liegt übrigens in der Frankfurter Schule (Horkheimer, Adorno) begründet. Sie entwickelte die Kritische Theorie, die wieder als Alternative zur empirischen Forschung die Handlungsforschung hervorbrachte. Messen und beobachten in der herrschenden Wissenschaft „unabhängige“ Forscher mit sogenannten unabhängigen Messinstrumenten etwas, so sollten in der Handlungs- oder Aktionsforschung Forscher und Forschungsobjekt sich gemeinsam in dem Forschungsfeld um Erkenntnis bemühen und in einen Veränderungsprozess eintauchen. Die Distanz Forscher da oben, Untersuchte da unten, sollte zumindest aufgelockert werden. Nun in diesem Sinne forschte ich in einem Ein-Mann-Handlungsforschungsprojekt zu dem Themen Heilungswege von Heuschnupfen und psychischen Erkrankungen und Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Lebens. Dabei ging ich in unterschiedliche Diskurse mit anderen Erfahrenen in Selbsthilfe- und Selbsterfahrungsgruppen und anderen Professionellen in Weiterbildungen – Was nicht heißt, dass ich nicht andere Professionelle in den Selbsthilfe- und Therapiegruppen traf...

 

Nun, ich glaube, einiges entdeckt zu haben. Nicht wissenschaftlich aufbereitet und typisch für einen Sozialpädagogen, kein eindimensionaler Weg mit perfektem Tiefgang, sondern ein Sammelsurium an Erfahrungen und Erkenntnissen und aus meiner Sicht auch Erfolgen, über die ich dankbar und auch stolz bin.

 

„Das kleinste Kapitel eigener Erfahrung ist mehr wert als Millionen fremder Erfahrung“ (Lessing)

  

Ich könnte Sie hier mit vielen Details meiner Kranken – äh –  Genesungsgeschichte beglücken. Nur ein paar Fakten will ich noch einmal nennen, „Erfolge“ mit denen ich hier ein bisschen prahle. Mit 13/14/15 von dem Internisten Dr. Thede in Lübbecke abgeschrieben zum 30.ten Lebensjahr – ich hätte mit Sicherheit dann einen Herzinfarkt oder ähnliches, Heuschnupfen seit dem 13/14. Lebensjahr – jeder Sommer war grauselig für mich trotz Cortison Behandlungen und 2 x drei Jahren Hypersensibilisierung und schließlich mit 29 Jahren manische Psychose, mit anschließender Depression und längerem beruflichem Aus. Ach ja starker Raucher war ich auch noch.

 

Heute (überarbeitet 2024): noch Übergewicht wie man sieht, Nichtraucher seit  35 Jahren, 1991 – 2015 und seit 2016 wieder psychopharmakafrei, seit 2000 immer wieder homöopathisch erfolgreich behandelter Heuschnupfen mit wechselnden Kügelchen und Tropfen, 1990 – 2015 und 2016 bis heute in Rente abgesehen von 5 Rehamaßnahmen, einem Autounfall und letztlich 2023 eine Knie-OP keine bedeutsamen Fehlzeiten im Arbeitsleben ( ca. 2-5 Tage im Jahr krank). Nach 10 Jahren überwiegend berufsfremder Arbeit (2 Jahre Paketfahrer und 7 ½ J. Verkaufsfahrer im Tante-Emma-Laden auf Rädern“) mit mehreren Weiterbildungen fast 20 Jahre Tätigkeit in der stationären medizinischen Rehabilitation von Suchtkranken als Suchttherapeut, seit Oktober 2020 in der ambulanten Suchtberatung.

 

Dies nenne ich mal meinen Faktenhintergrund, vor dem ich mir hier anmaße, etwas zum Thema „Was tun um zu heilen“ vorzutragen.

  

(2024 muss ich ergänzen: Meine schwere Spirituelle Krise, für mich „Heilungskrise“ 2015, die vorschnell und leichtfertig – bzw. inkompetent psychiatrisch negativ „diagnostiziert“ führte zu einem guten Leben, dass ich mir früher nie für mein Alter hätte vorstellen können: beruflich, privat und existentiell. Dass mir das gelungen ist, ist wesentlich den Kompetenzen und Ressourcen zuzuschreiben, die ich mir auf meinem Lebensweg erarbeitet habe, die ich gefunden habe und die mir zuteilgeworden sind.)

 

Nun, die Einführung hat schon eine Weile gedauert und wenn ich jetzt zu systematisch vorgehe, wird das gleich eine ganze Vortragreihe.

  

Ich hatte überlegt, das Krankheitskonzept aus der Integrativen Therapie vorzustellen, dass ich hervorragend für die Erklärung von Störungen und schließlich Krankheit halte, sowie die Wege der Heilung aus der Integrativen Therapie. Dann wollte ich aus meinem Rezeptbuch erzählen, von den vier Ebenen der Tiefung im Psychotherapieprozess. Ich könnte Ihnen die Bonding Theorie vorstellen, das Familienstellen, oder die vor vielen Jahren gelernte Energetische Psychotherapie...oder initiatische Therapie, die ich schließlich kennen- und schätzen gelernt habe.

 

Was also, soll ich erzählen, vortragen aus dem reichhaltigen Angebot an wirksamen, hilfreichen Werkzeugen und Wegen, von denen ich einige kennen gelernt habe und durch die meine Ansichten und Einsichten geprägt sind. Was soll ich vortragen, um dem Vortragsthema gerecht zu werden?

 

Natürlich schwöre ich auf die klassische Homöopathie, deren tiefen Heilungscharakter ich an ein paar für mich damals „Wunderheilungen“ schon bei meinem ersten jungen homöopathischen Arzt in Bielefeld schätzen gelernt habe, der mich kurzfristig mit homöopathischen Kügelchen aus der akuten Manie/Psychose herausholte. Weitere Wunder könnte ich schildern... Dankbar bin ich, dass ich seit 1993/94 über 25 Jahre bei einem der großen Ärzte für Homöopathie, Dr. Freiherr von Ungern Sternberg in Behandlung sein durfte und von ihm gute, fordernde und stets tief treffende Begleitung erfuhr. Zu Glück führt seine Nachfolgerin Bate Steinweg hochkompetent seine Praxis fort.

 

Die Homöopathie und das Familienstellen (insbesondere nach Bert Hellinger), sowie die damit verbundenen Einsichten waren die für meine Stabilisierung und Heilung zentralsten Werkzeuge, das kann ich heute so sagen. Ohne sie stände ich heute nicht so hier bzw. im Leben. Ihnen gemeinsam ist die für meine Einsicht in mein Schicksal und meine Bindungen so bedeutsame „Mehrgenerationenperspektive“ und -behandlung. Und natürlich das Verständnis und den Respekt für die Bindungen anderer Menschen. Insbesondere auch die unbewussten Bindungen an Krankheit und Leid.

 

Oft genug sind wir, das hat insbesondere auch das Familienstellen aufgedeckt, treu und lieben, wenn wir krank sind und bleiben. Und „Leiden ist leichter als Lösen“. Oder hart ausgedrückt, was in manchen Fällen so zu gelten scheint, lieber unschuldig und unbewusst in den Tod, als mit unerträglichen Schuldgefühlen und/oder Ängsten gesund und glücklich. Manches Mal scheint es auch nicht zu gehen gesund und glücklich.

  

Jetzt könnte ich sagen, Sie müssen sich auf jeden Fall homöopathisch behandeln lassen, wenigstens eine Familienaufstellung machen, sich mit Hellinger beschäftigen usw...

 

Tun sie es, aber bitte übernehmen Sie auch die Verantwortung dafür.

 

Auch meine „Behandler“ haben „Fehler“ gemacht (so wie ich als Therapeut heute...), ich bin manche Umwege gegangen, aber das gehört meines Erachtens zu einem Weg des Heilwerdens dazu. Umwege erhöhen die Ortskenntnis!!

  

Letztlich gilt meines Erachtens ein Satz, den ich sowohl bei einem indischen Heiligen (Bhai Sahib), als auch ähnlich bei Bert Hellinger gelesen habe:

 

„Wissen ohne Erfahrung ist ein Hindernis“ (Bhai Sahib, nach Ireena Tweedie, „Der Weg durchs Feuer“)

 

Mein wesentlichster Rat heute – zum Schluss hier : Lassen Sie sich auf Erfahrungen ein. Sie werden körperlich erleben, wenn Heilung wirkt. Egal ob Familienstellen, Homöopathie, Psychotherapie, Ayurveda oder... Heilung geht mit körperlichem Erleben, manchmal z.B. auch Fieber oder Durchfall einher.

  

Gerne beantworte ich (falls Vortrag im Anschluss) Fragen, Fragen von denen Sie wünschen, dass ich Sie näher beantworte.

 

Das hieße, dass, und jetzt nehme ich wieder einen Begriff aus der systemischen Therapie, dass ich Sie bitte, mir einen Auftrag zu geben. Und diesen Auftrag bemühe ich mich dann zu erfüllen – so gut ich kann und es die Zeit heute oder ein anderes

 

mal, wenn Sie möchten, zulässt.

 

Darauf zu achten, welchen Auftrag ich habe und diesen zu erfüllen, nach meinem besten Wissen und Gewissen habe ich einigermaßen gelernt. Denn beileibe habe ich manche „Prügel“ dafür bezogen, Menschen „Empfehlungen“ zu geben, die Sie gar nicht hören wollten oder konnten...

  

Soweit erstmal eine neue, 2024 geschriebene Überarbeitung eines alten Vortrags aus 2006, den ich noch zweimal, u.a. 2011 in Penzberg, abgewandelt gehalten habe.

 

So bleibt mir hier, mich wieder einmal zu begrenzen. Auf meinen „Kompetenzkreis“ oder auch: auf mein zunehmend, schrumpfendes Ich mit seinen Grenzen an „Heilungsfähigkeit“, „Wissenschaftlichkeit, „Leistungsfähigkeit“, Zeit und vieles mehr.

 

So möchte ich zum Schluss nur noch auf einen schönen Hinweis von Dr. Peter Jessen, damals -2006,  Chefarzt einer Suchtklinik eingehen. Er hielt den vorletzten Vortrag in der Reihe „Leben und Sinn“ in Lübbecke. Nachdem ich bei seiner Begrüßung noch meinen Abschiedsvortrag „Was tun, um zu heilen“ ankündigte, sagte er: „Wie wäre es mit „Was lassen, um zu heilen?“

 

Dabei würde ich es auch hier gerne lassen.

 

Doch zwei Geschichten aus dem ersten Entwurf müssen einfach noch sein. Und damit belasse ich es dann auch – erstmal😉.

 

 

Es ist alles ganz einfach...

  

Ein Mann ging durch die Gassen einer Altstadt, in der lauter kleiner Geschäfte nebeneinander waren. Da waren Künstler, Handwerker und Kaufleute, die Ihre Waren und Werke in den Schaufenstern ausstellten und feilboten.

 

An einem Fenster blieb unser Mann stehen. Er bestaunte lauter kleinere und größere Löwen, die als kunstfertige Bildhauerarbeiten aus Stein oder Holz sein Auge fesselten. Nachdem er eine Weile schaute, ging er schließlich in den Laden hinein. Dort entdeckte er in einer Ecke einen Mann, der leicht gebeugt an einem Werkstück hämmerte, raspelte und feilte. Nachdem er ihm eine längere Zeit fasziniert über die Schulter geschaut hatte, sprach er ihn schließlich voller Bewunderung an. „Eine wunderbare Kunst, die ihr betreibt. Das ist sicher sehr schwierig, den Löwen so herauszuarbeiten, dass er nachher so prachtvoll anzuschauen ist.“ „Ach,“ antwortete der Künstler, „das ist eigentlich ganz einfach. Ich haue einfach alles weg, was nicht nach Löwe aussieht.“

 

(mündlich überliefert, angeblich so ähnlich von Michelangelo)

 

Und eine Geschichte, die ich bei Rüdiger Dahlke fand:

 

Die Familie der weißen Wolken, die über den blauen Himmel zieht, teilt sich in zwei Gruppen: auf der einen Seite die große Menge der Wolken, die ein Ziel haben, nämlich den warmen Süden. Sie leiden sehr viel, nämlich immer dann, wenn der Wind sie nach Norden, Westen oder Osten bläst. Auf der anderen Seite gibt es noch eine kleine Gruppe, die erkannt hat, dass es ihre Bestimmung als Wolken ist, vom Wind getrieben zu werden. Sie haben kein Ziel oder nur das eine, ihrem Weg, ihrer Bestimmung, dem Wind zu folgen – so sind sie immer in Harmonie mit sich und dem Ziel. Am Ende des Tages aber sind alle Wolken am selben Ort.